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Das Bild zeigt das Rathaus der Stadt Datteln.

Vestischer Appell

9.12.2022 - Die Stadtverwaltung und die im Rat vertretenen Fraktionen schließen sich dem Vestischen Appell an für eine nachhaltigen Finanzierung der aktiven, lokalen Arbeitsmarktpolitik. Im September dieses Jahres hatte der Rat der Stadt Datteln eine Resolution zum selben Thema verabschiedet.

Wortlaut des Vestischen Appells:

„Wir fordern gemeinsam mit dem Kreis Recklinghausen als Träger des Jobcenters die kontinuierliche und wirksame Weiterentwicklung des Sozialen Arbeitsmarktes“ heißt es im zweiten Vestischen Appell, den die katholische und evangelische Kirche sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) im Kreis Recklinghausen mit Unterstützung des Kreises an Land und Bund richten. Wie bereits im ersten Vestischen Appell im Jahr 2014 verlangen die Beteiligten, Langzeitarbeitslosen eine attraktive und würdevolle Chance auf gesellschaftliche Teilhabe zu bieten.

Mit der Einführung des Paragraphen 16i (Teilhabe am Arbeitsmarkt) im Sozialgesetzbuch II, kurz SGB II, hatte die Bundespolitik zum Januar 2019 die rechtliche Grundlage für eine praktische Umsetzung des Sozialen Arbeitsmarktes geschaffen, in dem Beschäftigung öffentlich gefördert wird. Zuschüsse des Bundes gibt es für die Anstellung von Menschen, die mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben. Bis zu fünf Jahren ist die Förderung möglich, die bereits bei einem Drittel zu einer regulären, ungeförderten Beschäftigung geführt hat. Mit der Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023 soll der Soziale Arbeitsmarkt entfristet und dauerhaft verankert werden.

Bund plant Kürzung der Mittel

Doch nun plant die Bundesregierung, die Mittel für die Jobcenter für das nächste Jahr zu kürzen. „Der Soziale Arbeitsmarkt ist im Kreis Recklinghausen eine Erfolgsgeschichte. Wir haben Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit geholt und ihnen nach vielen Jahren endlich wieder eine Perspektive gegeben“, sagt Landrat Bodo Klimpel. Mehr als 1000 Bürgerinnen und Bürger haben bislang durch den Sozialen Arbeitsmarkt einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz gefunden. „Wir alle sind uns einig: Wir sind immer gut beraten, in Arbeit statt in Arbeitslosigkeit zu investieren. Diese Art der geförderten Beschäftigung nicht beizubehalten, wäre ein großer Verlust für die gesamte Region, aber vor allem für die Menschen, denen eine gute Chance auf eine Perspektive genommen würde.“

Um eine deutliche Nachricht an die Entscheider in Düsseldorf und Berlin zu senden, wurde nun der zweite Vestische Appell verfasst, wie Mark Rosendahl, Regionsgeschäftsführer der DGB-Region Emscher-Lippe, erklärt: „Auf dem Arbeitsmarkt wird jede Möglichkeit dringend benötigt, Stellen zu besetzen. Wer über den Sozialen Arbeitsmarkt wieder Tritt fasst und nach ein paar Jahren auch ungefördert zur Produktivität beiträgt, ist ein Geschenk für alle Beteiligten. Der Soziale Arbeitsmarkt finanziert sich über den Drehtüreffekt mit Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträgen indirekt selbst. Und die Kinder aus den Familien wachsen mit Eltern auf, die aus eigener Kraft ihren Lebensunterhalt verdienen. Dieser Effekt kommt noch hinzu, um die Chancen- und Perspektivlosigkeit von Kindern aus SGB II-Familien zu durchbrechen.

Saskia Karpenstein, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen betont: „Die Schaffung von Chancen auf soziokulturelle Teilhabe sind heute wie damals die zentralen Anforderungen an den Sozialen Arbeitsmarkt. Wir müssen darüber hinaus aber auch eine Debatte über Anschlussperspektiven führen, auch außerhalb des Ersten Arbeitsmarktes. Wir dürfen und wollen langzeitarbeitslose Menschen nicht abschreiben, sondern sollten vielmehr Möglichkeiten suchen und finden, sie zu unterstützen.“ Dem stimmt auch Karl-Hermann Kemper, Kreisdechant im Kreisdekanat Recklinghausen, zu: „In unserer Gesellschaft bringt jeder seine oder ihre individuellen Stärken mit ein. Diese zum Wohle der Gemeinschaft einzusetzen, muss das Ziel sein.“ 

Gefordert wird im Schreiben neben einem auskömmlichen und planbaren Eingliederungstitel für die künftigen Jahre außerdem, den Passiv-Aktiv-Transfer fortzusetzen bzw. ebenfalls zu entfristen und auszubauen. Mit diesem Transfer war es möglich, die eingesparten SGB II-Leistungen wieder als Eingliederungsmittel zu nutzen – und damit den Paragraph 16i mit zu finanzieren.