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Feuer- und Rettungswache an der Industriestraße 1975

50 Jahre Feuer- und Rettungswache - Offizielle Einweihung am 11. August 1973

Die Feuer- und Rettungswache ist das „Heim“ der Löschzüge 2 und 3 der Freiwilligen Feuerwehr Datteln. In diesem Jahr wird die Wache 50 Jahre alt. Anlass für einen Rückblick.

Bevor die Feuer- und Rettungswache an der Industriestraße gebaut wurde, gab es drei weitere „Feuerwachen“ bzw. Gerätehäuser. Und bevor es überhaupt ein Gerätehaus im Dorf Datteln gab, stand die einzige Dorfspritze im alten Kirchturm der Amanduskirche. Den Schlüssel hatte der Küster. Allerdings gibt es keine Informationen darüber, wie ein Brandeinsatz damals ablief. Es kann also nur spekuliert werden, dass der Küster die Kirchenglocken für die Alarmierung benutzt haben könnte. Und irgendwie muss er die „Spritzenbesatzung“ ja zusammenbekommen haben ...

Im gut bestückten Feuerwehr-Archiv befinden sich zum Glück Originalunterlagen, aus denen hervorgeht, dass das erste „Gerätehaus“ bereits am 20. November 1830 fertiggestellt wurde – also vor 193 Jahren. Ein solches Spritzenhaus war kurz zuvor in Waltrop errichtet worden – und so ließen sich die Dattelner die Baupläne von Waltrop schicken. Der Unternehmer Anton Witte baute das Waltroper Gebäude dann für 139 Taler am „nordöstlichen Kirchplatz“ (lt. Akte) nach. So entstand auf einem Steinfundament ein hölzerner Schuppen: vermutlich neben der ehemaligen Dorfschule an der heutigen Heibeckstraße, wo die Spritze und die wenigen Geräte wie Einreißhaken, Patschen und Eimer hineinpassten.

Der Zahn der Zeit, aber vor allem die Zunahme an Löschgeräten – inzwischen besaß allein das Dorf zwei Feuerspritzen – machte nach „nur“ 54 Jahren ein größeres Gerätehaus erforderlich. 1884, als es immer noch keine Feuerwehr gab, wurde zwischen der Dorfschule und der späteren Bäckerei Vollmer das zweite Gerätehauses Dattelns fertiggestellt, das lediglich 30 Jahre im Dienst war.

Gegen alle Widerstände gründete sich 1892 auch in Datteln eine Freiwillige Feuerwehr, womit auch der Raumbedarf zunahm. Bereits 1905 musste man die „Ausrüstungskammer“ ins Amtshaus am Tigg verlegen (das heutige Rathaus wurde erst im Oktober 1913 fertiggestellt). Weil es keine Garage gab, musste 1910 sogar die Anschaffung eines Leiterwagens „auf den Zeitpunkt der Fertigstellung eines neuen Gerätehauses“ verschoben werden – zum Leidwesen der Wehr. Daraus wird ersichtlich, dass man sich bereits 1910 mit dem Gedanken eines grundsätzlichen Neubaus befasst haben muss, der am 6. März 1913 endlich beschlossen wurde.

Als erstes in Datteln trug dieses dritte Dattelner Gerätehaus wohl zu Recht den Namen „Feuerwehrgerätehaus“. Bezogen wurde es am 6. Oktober 1914 an der Albertstraße (heute Genthiner Straße), wo später die Hauptpost ihr Domizil hatte und heute ein Ärztehaus steht. Wegen des Krieges wurde nach der Überführung der Spritzen und Geräte von der Heibeckstraße lediglich ein Glas Bier im Vereinslokal getrunken – das war‘s.

Die Zeit bleibt nicht stehen

Datteln wuchs weiter – und die Feuerwehr wuchs glücklicherweise mit: Der Fahrzeugpark und die technische Ausrüstung sowie der Bestand an Geräten zeigten dem Standort nach gut 50 Jahren die Grenzen auf. Und so erhielt das Gerätehaus an der Hafenstraße 1960 noch einen Anbau mit Ruhe- und Bereitschaftsräumen für die hauptamtlichen Kräfte. Im Keller des Haupthauses wurde außerdem ein „Schulungsraum“ eingerichtet, der alles andere als optimal war: Die theoretischen Ausbildungsabende fanden notgedrungen in der Gaststätte „Zum Lohbusch“ und später im „Dattelner Hof“ statt.

Im April 1964 wurde die Feuerwehr Datteln turnusgemäß wieder einer Überprüfung unterzogen, wie es seit 1959 im Kreis Recklinghausen üblich ist. Zusammengefasst wurde dabei festgestellt: „Das gesamte Gebäude ist für eine Hauptfeuerwache unzulänglich und macht im Ganzen keinen guten Eindruck! Seit Jahren ist die Planung für ein neues Haus in der Sprache. Zur ordnungsgemäßen Unterbringung der Geräte und Fahrzeuge ist die Einplanung im Dreijahresplan dringend notwendig!“

Die Reaktion des Dattelner Ordnungsamtes spiegelte die damals für die Feuerwehr höchst unbefriedigende örtliche Situation trefflich wieder: „Die für die Erhaltung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehren notwendigen Reparaturen am überprüften Feuerwehrgerätehaus in Datteln werden laufend durchgeführt. Die für Neubauten zuständigen Dienststellen wurden mehrmals darauf hingewiesen, daß die derzeitigen Verhältnisse am Feuerwehrgerätehaus in Datteln kaum tragbar sind. Planungen für Neubauten von Feuerwehrgerätehäusern stehen jedoch noch aus“.

„Die Übersetzung aus dem Verwaltungsdeutsch ins Hochdeutsche bedeutete wohl: Also wir, das Ordnungsamt, wissen selbstverständlich um die Probleme. Zuständig für die Beseitigung sind aber andere!“, schmunzelt Feuerwehr-Archivar Peter Korte.

Dann kam plötzlich Bewegung in die Sache: Im Februar 1966 lag ein „Raumprogramm“ für ein neues Feuerwehrgerätehaus vor. Walter Schmidt, damaliger Leiter der Freiwilligen Feuerwehr, forderte zudem Stellplätze für ca. 16 Feuerwehrfahrzeuge und vier Krankentransport- und Rettungswagen und einen Schulungsraum mit 100 Plätzen. Und: „Es wäre angebracht, für die Unterstellung von privaten Personenwagen überdachte Unterstellplätze für ca. 15 Wagen einzuplanen. Außerdem ausreichende Parkmöglichkeiten bei Einsätzen und Übungen.“ Auch mit der Forderung einer Schlauchwaschanlage mit Schlauchtrocknung, Schlauch-Werkstatt usw. gingen die Anforderungen der Feuerwehrleitung erheblich über städtische Vorstellungen hinaus (durch den Einbau dieser Anlage kann der Bau eines teuren Feuerwehrturmes entfallen).

Erst 1968 wurde die Lösung der Finanzierung für das Feuerwehrarchiv in Angriff genommen, von dem zuvor noch keine Rede war. Vielleicht waren die vier Fahrzeuge für die Luftschutz-Feuerwehrbereitschaft in Datteln dafür ausschlaggebend, die auf dem Gelände des neuen Bauhofes an der Industriestraße untergestellt werden mussten.

Stadtdirektor Sauer wurde nun engagierter Antreiber des für die Sicherstellung des Brandschutzes der Stadt bitter notwendigen Bauvorhabens. Er fordert die beteiligten Ämter der Stadtverwaltung auf, „die Planungen für den Neubau eines Gerätehauses so voranzutreiben, daß möglichst bald ein Beihilfeantrag gestellt werden kann.“ Vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Josef Majewski bekommt er nach einem Besuch des alten Gerätehauses Unterstützung, „da es uns nicht bekannt war, unter welch primitiven Voraussetzungen die Männer, die jederzeit freiwillig zum Dienst am Nächsten bereitstehen, ihre notwendigen Zusammenkünfte abhalten“.

Im August 1970 steht auch der Standort fest: „Grundstück Industriestraße, Flur 40, Flurstück 188“. Ausschlaggebend für die Lage sind auch luftschutztaktische Gründe, wie in den Akten zu lesen ist. Im Gespräch waren zwar auch andere Bauplätze, doch entweder handelte es sich dabei nicht um städtische Grundstücke oder sie waren zu klein oder die abrückenden Fahrzeuge wären nach Meinung der Verantwortlichen eine zu große Belästigung für die Umgebung.

Kostenvoranschlag vom 22.12.1970 für die Feuer- und Rettungswache:
Gesamtkosten Neubau Feuerwehrgerätehaus: 1.550.000 DM
Gesamtkosten für THW und BLV: 284.500 DM
Gesamtkosten DRK: 183.000 DM
Zusammen: 2.017.500 DM

In diesem Fall ist erwähnenswert, dass es dem ehemaligen Dattelner Amtsbrandmeister und damals aktuellen Kreisbrandmeister Richard Kroonen gelang, eine 40-prozentige Bezuschussung der Bezirksregierung zu erreichen, die normalerweise lediglich 25 Prozent beträgt. Heute undenkbar oder fast ein Wunder – damals Realität: Die Kosten blieben tatsächlich im Rahmen dieses Kostenvoranschlages. Das THW war Mitnutzer der Wache und zog 2014 in ein eigenes Gebäude Am Alten Stadion um.

Übrigens stieg das DRK im weiteren Verlauf des Bauvorhabens aus Kostengründen aus und fand später an der Castroper Straße ein neues Domizil. Heute steht das DRK-Haus an der Ahsener Straße.

Vom Baubeginn bis zur Einweihung 

Elf Monate später, im November 1971, war endlich Baubeginn. Die Stadtverwaltung hatte den Termin für die Grundsteinlegung auf den 11.11.1971 um 11 Uhr festgelegt – keinesfalls ein Karnevalsscherz des einladenden Bürgermeisters Horst Niggemeier. Archivar Peter Korte kann dazu eine kleine Anekdote beitragen: Weil die meisten Menschen wochentags zu dieser Tageszeit arbeiteten, hagelte es Proteste. Ein Feuerwehrmann schrieb ihm gar, das „sei ein Schlag ins Gesicht“ der freiwilligen Feuerwehrkameraden. Die Verbundenheit des Dattelner Bürgermeisters mit seiner Feuerwehr zeigte sich wieder einmal auch in dieser Situation, da die Grundsteinlegung auf Samstag, 13.11.1971, um 15 Uhr verschoben wurde.

Noch während der Bauphase wird „wegen des starken und schnell fließenden Verkehrs auf der B 235“ an der Kreuzung Industriestraße/Münsterstraße eine Ampelanlage gebaut, die noch heute von der Einsatzzentrale der Feuer- und Rettungswache geschaltet werden kann.

Nach knapp zweijähriger Bauzeit fand am 11. August 1973 die offizielle Einweihung statt. Die Feuerwehrkameraden haben die Wache allerdings schon Monate vorher „in Besitz“ genommen, denn sobald es möglich war, haben sie Übungen und theoretische Ausbildung nicht mehr in Hinterzimmern von Dattelner Gaststätten abgehalten, sondern in „ihrer Wache“. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Anzahl der hauptamtlichen Kräfte 21 Mann. Vier davon sind noch heute aktive Mitglieder der Ehrenabteilung: Dieter Bellendorf, Herbert Peters, Reinhard Swaczyna und Rudolf Sulzbacher. 

Hauptamtliche Kräfte (inkl. Stadtbrandmeister)
1973: 21
1998 30
2023: 42 Beamte, 21 tariflich Beschäftigte

Freiwillige Kräfte Löschzuge 1-3 (2023 nur LZ 2 und LZ 3)
1973: 81
1998 102 (davon 4 weibliche Kräfte)
2023: 74

Jugendfeuerwehr
1973: 20
1998: 18
2023: 27

Ehrenabteilung
1973: 20
1998: 25
2023: 26

Seit 1989 ist an der Feuer- und Rettungswache zudem eine Reinigungskraft und seit 1998 auch eine Verwaltungsfachangestellte angestellt. In den Hallen standen 1973 neun Fahrzeuge des Bundes – die übrigen Einsatzfahrzeuge waren mit Ausnahme eines VW-Bullis über 13 Jahre alt. Im Krankentransport- und Rettungsdienst verfügten die Kameraden 1973 über vier moderne Krankentransportwagen (KTW) für Liegendtransporte und einen Behelfskrankenwagen für Sitzendtransporte.

50 Jahre später beherbergen die Hallen der Feuer- und Rettungswache 4 Rettungsdienstfahrzeuge, 16 Feuerwehrfahrzeuge, 2 Wechselladerfahrzeuge mit 3 Abrollbehältern, 1 Einsatzleitwagen 1, 1 Mehrzweckboot, 1 Atemschutzcontainer, 3 Anhänger und, und, und.

Peter Korte war an jenem 11. August 1973 dabei, er war damals gerade mal ein Jahr in der Freiwilligen Feuerwehr. „Es war ein sonniger, später sogar heißer Samstag! Die Feier der Einweihung begann um 11 Uhr mit der Schlüsselübergabe, dann gab es einen Umtrunk und zahlreiche Grußworte der geladenen Gäste, die anschließend den Neubau besichtigen konnten“, erinnert sich der Feuerwehr-Archivar. „Für uns war das eher der heftig herbeigesehnte Zeitpunkt, um uns der warmen Uniformjacken entledigen zu können. So schmeckte die in der unvermeidbaren Gulaschkanone von einigen ,Spezialisten‘ der Wehr vorbereitete Erbsensuppe noch mal so gut. Alle Kameraden, ob jung oder alt, genossen nicht nur die Musikdarbietungen der Feuerwehrkapelle der FF Recklinghausen, sondern es gab rundum strahlende Gesichter. Endlich konnten wir zeitgemäße Technik in ausreichenden Raum- und Platzverhältnissen benutzen! Ich kann nur sagen: Es wurde ein langer Samstag an der Industriestraße!“

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Im Vordergrund ist zu sehen, wie der Schlüssel für die Feuer- und Rettungswache übergeben wird. Im Hintergrund stehen mehrere Personen.
Schlüsselübergabe für die neue Feuer- und Rettungswache 1973
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Drei Personen stehen bei der Einweihung der Feuer- und Rettungswache an der Gulaschkanone
Einweihung der Feuer- und Rettungswache 1973
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Gerätehaus von 1884
Gerätehaus von 1884; die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1913